Madrid
veröffentlicht von Webislam am 23/02/2012
http://www.webislam.com/articulos/68838-una_sanadora_musulmana.html
Ich bin ursprünglich von Beruf Innenarchitektin. Und so wie das Schicksal es will, starb mein mittlerer Bruder im Jahr 2001. Meine Trauer um ihn war so groß, dass ich meinen Mann und meine Kinder, die damals sehr klein waren, nicht mehr sehen und nicht mehr wahrnehmen konnte. Ich habe Trauerarbeit, dann ein Jahr lang Psychotherapie gemacht. All das hat nichts geholfen bis eines Tages eine Freundin von mir über eine neue Methode "Familienstellen nach Bert Hellinger" erzählt hat. Für mich war das sehr neu.
Sie ist mit mir zusammen in einen Buchladen gegangen und hat zwei Bücher von Bert Hellinger gekauft. Das eine war "Ordnungen der Liebe" das andere " Anerkennen was ist". Als ich das Buch „Ordnungen der Liebe“ las, habe ich angefangen, die Welt und die Zusammenhänge zwischen den Familienmitgliedern und dem Familienordnungssystem zu verstehen und wie es verletzt werden könnte. Während ich las, hatte ich manche Sätze in meinem Kopf für meinen Bruder ins Arabische übersetzt, dann las ich weiter.
Ich konnte es nicht erwarten, bis ich mich für ein Seminar „Familienstellen nach Bert Hellinger“ angemeldet hatte. So bekam ich meine Trauer um meinen Bruder mit einer einzigen Aufstellung weg.
Ab dieser Zeit hatte ich keine Ruhe mehr und wollte das Familienstellen nach Bert Hellinger unbedingt lernen. Ich habe in einem Institut in meiner Nähe, welches die Ausbildung anbietet, einen Platz gefunden und angefangen. Bis dahin hatte ich Bert Hellinger noch nicht persönlich kennengelernt. Im Jahr 2004 hatte ich die Gelegenheit, Bert Hellinger persönlich kennen zu lernen. Ich kam mit ihm ins Gespräch und fragte ihn, ob ich das Buch Ordnungen der Liebe ins Arabische übersetzen darf - er stimmte sofort zu. Ab dann gab es für mich kein Zurück mehr.
Wir wissen, dass du Bert Hellinger aus der Nähe kennst, dass du dich
unter anderem mit der Übersetzung seiner Werke ins Arabische befasst,
könntest du uns einige kurze "Pinselstriche" über ihn geben?
Er ist einfühlsamer Mensch. Als ich ihn zum ersten Mal persönlich kennen gelernt habe, ist mir aufgefallen, dass er anderen Menschen gegenüber ganz besonders aufmerksam ist. Er sieht und achtet alle Menschen so wie sie sind gleichermaßen, unabhängig von ihren sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen. Niemand ist besser oder schlechter als der andere. Diese Grundhaltung entspricht auch seiner Lehre, denn er sagt: "Jeder Mensch hat das Recht auf das Leben" Er sagt auch: "Jeder hat das Recht auf die Zugehörigkeit zu seiner Familie, auch die Toten". Er sagt auch: "Man muss jeden Menschen für sein Schicksal achten, selbst wenn das Schicksal kein gutes Schicksal ist, z.B. einen Verbrecher, der kein gutes Schicksal hat". Bert Hellinger ist immer voll von Demut und Achtsamkeit gegenüber anderen. Ich habe ihn erlebt, als ich mit ihm in Jordanien war: Er hat alle Menschen, die zum Seminar kamen, mit der gleichen Achtsamkeit behandelt, unabhängig von ihrem sozialen Stand.
Bewegungen des Geistes sind Bewegungen, die von einer mächtigen Kraft gesteuert werden, einer Kraft, die alles bewegt, so wie es ist. Wir Menschen haben es anzuerkennen und zu achten, sowohl unser Schicksal als auch das Schicksal anderer, egal ob es gut oder schlecht ist. Man kann auch sagen, dass die mächtigen Kräfte des Geistes, die alles bewegen, so wie es ist, Gottes Kräfte und Gottes Wille sind.
bekommen.
Überwiegend stammen die Klienten aus sehr gebildeten Familien. Sie sind zum Beispiel Lehrer, Richter, Rechtsanwälte, Ärzte, Psychotherapeuten, Sozialarbeiter, Erzieher, Selbstständige, Angestellte und Führungskräfte, Studenten und Schüler.
Heilung bedeutet, dass alles, was getrennt ist, zusammenkommt. Was vergessen, verdrängt, oder verachtet ist, wird anerkannt und geachtet. Seiner Zugehörigkeit wird zugestimmt.
Ein Beispiel dazu: Eine Klientin von mir litt seit Jahren unter Kopfschmerzen und von Zeit zu Zeit litt sie Wochen lang an Kraftlosigkeit, so dass sie nicht in der Lage war, sich selbst zu waschen oder irgend etwas tun zu können. Als ich für sie aufgestellt hatte, stellte ich eine Stellvertreterin für sie und ihr gegenüber eine Stellvertreterin für die Kraftlosigkeit. Die Stellvertreterin von ihr bekam Kopfschmerzen, dann fing sie an zu weinen und ist solange vor der Stellvertreterin der Kraftlosigkeit weg gelaufen, bis die beiden an einem Punkt angekommen waren, an dem sie sich die Hände gereicht hatten. Ich sagte ihr, das ist ein abgetriebenes Geschwister von dir, das Zuflucht bei dir sucht, damit seine Zugehörigkeit anerkannt wird. Sie sagte: „Ja, so hat sich das auch angefühlt.“ Einen Tag später rief sie mich an und sagte, dass ihre Kopfschmerzen in ihr Herz gerutscht sind und sie sich sehr gut dabei fühlt.
Ja, auf jeden Fall. Denn Bert Hellingers Lehre geht über die Psychotherapie hinaus.
Bei normaler Psychotherapie schaut man in der Regel auf den Klienten, manchmal ohne seine Umgebung mit einzubeziehen. Man verstärkt seine Gefühle, selbst wenn der Klient auf dem falschen Weg ist. Z.B. kam ein Klient zu mir mit großem Leid. Er erzählte mir, dass er von seiner Frau getrennt ist. Auf die Frage, warum er sich getrennt habe, sagte er: "Meine Frau hat sich von mir getrennt, weil die Analyse einer Psychotherapeutin ergeben hat, sie soll sich von ihrem Mann trennen.“
Das steht in einem Gegensatz zur Lehre von Bert Hellinger. Er sieht nicht nur den Klienten alleine, sondern er schaut auf das gesamte Familiensystem und alle Familienmitglieder, vor allem auf die ausgeschlossenen Personen. Das könnte z.B. eine Großmutter sein, die bei der Geburt ihres Kindes starb. Die ausgeschlossenen Personen haben die allergrößte Wirkung auf die Familie. Er bezieht auch die politischen und sozialen Ereignisse in einem Land - z.B. den zweiten Weltkrieg in Europa - in seine Betrachtungen mit ein. Die Wirkungen, die sie hinterlassen haben, spüren die nachgekommenen Familienmitglieder.
Wenn viele Menschen die Lehre Hellingers verstehen würden, würde dadurch unser Denken erweitert. Es würde sich nicht mehr auf das ICH begrenzen, sondern es würde globaler, man würde sich mit allen anderen Menschen verbunden fühlen. Man würde begreifen, dass, wenn man etwas Böses oder Schlechtes täte, oder wenn man andere Menschen töten oder umbringen würde, bliebe man nach der Tat nicht mehr frei. Die Bindung an die getöteten Personen würde stärker sein als alle anderen Bindungen – selbst die Bindungen an die eigene Familie. stirbt seine Seele mit. Aber manche Kriegsverbrecher können ihre Tat gut verdrängen. In diesem Fall nimmt eine der nachkommenden Personen die Schuld auf sich und leidet anstatt des Vaters oder Großvaters oder eines anderen Familienmitgliedes.
Ja, ich bin ein völlig anderer Mensch geworden. Mein Denken hat sich verändert.
Ich schaue nur noch mit Liebe auf andere.
Ich achte alle Menschen mit ihrer unterschiedlichen Ethik und Glaubensrichtung.
Ich übe mich darin, in Demut zu bleiben.
Ich fälle keine harten Urteile mehr über andere Menschen, denn ich weiß, dass sie so handeln müssen, solange sie in der Verstrickung sind. Auch Attentäter oder Verbrecher sind so gefesselt von ihren Verstrickungen, sie handeln mit LIEBE für eine Person in ihrer Familie.
Ich unterscheide nicht mehr zwischen Gut und Böse, denn die Menschen, die etwas Böses tun, handeln aus ihrer eigenen Verstrickung heraus.
Ja, meine Herzensvision und mein Wunsch sind es, die Lehre von Bert Hellinger zu den Herzen der Arabischen Welt zu bringen sowie ihnen die Grundsätze des Familienstellens nach Bert Hellinger näher zu bringen.
Meine Eltern waren palästinensische Flüchtlinge. Ich habe hautnah erlebt, wie sie bis zu ihrem Tod auf die Rückkehr in ihre Heimat und in ihr Haus gewartet haben. Sowohl meine Eltern, als auch viele andere Palästinenser haben auf eine politische Lösung oder auf eine friedliche Lösung gewartet. Nach der Lehre von Bert Hellinger kommt der Frieden jedoch nicht von außen, sondern von innen, aus unserer Seele. Der Friede kommt von den Einzelnen. In dem Moment, in dem die Palästinenser und die Israelis beginnen, gemeinsam ihre Toten zu beweinen und zu trauern, hören die Rache, der Hass und der Drang nach Vergeltung auf. Denn "Der Friede beginnt in den Seelen" sagt Bert Hellinger.
Meine Vision ist ein neues gesellschaftliches Denken. Nach Bert Hellinger ist Familienstellen für jedermann und nicht für einen ausgewählten elitären Kreis von Therapeuten. Je mehr die Menschen die Zusammenhänge kennen, desto mehr steigt die Achtung füreinander und eine andere Welt wird möglich. Wenn zum Beispiel Selbstmordattentäter begreifen, dass sie mit den Seelen der Menschen, die sie in den Tod gerissen haben, enger verbunden sind als mit ihrer eigenen Familie, lassen sie es vielleicht sein. Nicht von heute auf morgen, aber von Generation zu Generation wird sich das Bewusstsein erweitern und ein neues gesellschaftliches Denken ermöglichen.
Interview : durchgeführt von der Reporterin Mariam Orejudo